Am ersten Sonntag nach Ostern, dem sogenannten Weißen Sonntag, ist es in der kirchlichen Leseordnung Tradition, die Erzählung von der Begegenung mit dem Apostel Thomas zu lesen. "Thomas wird auch oft als der 'Ungläubige Thomas' bezeichnet. Ich finde es aber ein wenig ungerecht ihn so einfach als 'ungläubig' abzuqualifizieren. Und das nur, weil er Zweifel hat und nicht alles glaubt was ihm die anderen erzählen", predigte Pfarrer Christian Maresch am Sonntag, 28. April 2019. Dabei müsse man doch festhalten, dass dieses ganze Osterereignis eben nicht so einfach zu glauben sei. "Oder ist heute jemand hier im Gottesdienst, der wirklich überhaupt keinen Zweifel hat?", fragte Pfarrer Maresch seine Gemeinde.
Zweifel an der Auferstehungsgeschichte gab es schon bei den Menschen aus dem Freundeskreis, aus der Familie Jesu, auch da hatten einige ihre Schwierigkeiten zu glauben, betont Marresch und zählt auf: "Das sind die Frauen beim leeren Grab sie denken sofort zuerst an Grabräuber. Auch Petrus geht zum leeren Grab, auch er hat seine Zweifel, so heißt es, dass er voller Verwunderung nach Hause ging. Maria von Magdala und die Emmausjünger, sie erkennen ihn nicht, obwohl er direkt vor ihnen steht."
Ein einziger von allen Jüngern und Jüngerinnen sei es gerade mal, nämlich der Lieblingsjünger Johannes, von dem es heißt, als er das leer Grab sah, da glaubte er. "Johannes ist aber immer schon der Vorzeigejünger gewesen, er ist nicht geflüchtet, er stand unter dem Kreuz. Aber Johannes ist auch nicht der typische Jünger, alle anderen sind uns da viel ähnlicher: sie haben Angst, sind blind, haben Zweifel - Thomas ist hier nicht eine Ausnahme, er ist nicht ungläubiger als die anderen", betont Maresch. Thomas sei seiner Meinung nach sogar mutiger als alle anderen Jünger, "denn er traut sich zu fragen, er steht zu seinem Zweifel. Darum ist das heutige Evangelium auch für uns 2000 Jahre später ganz wichtig", erklärt der Altsimmeringer Pfarrer.
Das Evangelium vom zweifelnden Thomas mache Mut, denn durch diesen Thomas wissen wir, "wir dürfen Zweifel haben, wir dürfen blind sein, wir dürfen Angst haben und wir dürfen sogar ungläubig sein und das, weil Jesus selber der ist, der uns zum Glauben führt", führt Christian Maresch aus. Glaube sei Gnade und Geschenk, das Geschenk Jesu an die Menschen, denn "Glaube kann ich nicht selber machen. Jesus findet immer den richtigen Weg, um mich anzusprechen, mit mir durchs Leben zu gehen und mir dort entgegenzukommen, wo ich Angst und Zweifel habe", macht Maresch Mut.
"Heute am diesem Weissen Sonntag darf ich Ihnen den Rat geben und Ihnen auch wünschen: Nehmen Sie ihren Glaubenszweifel ernst, nehmen Sie ihre Ängste ernst, denn genau darin könnte uns der Auferstandene beistehen und uns im Alltag begegnen. So wird aus diesem ungläubigen Thomas ein Jünger, der uns gerade in unseren eigenen Glaubenszweifeln und Unsicherheiten ein großes Vorbild sein kann", betont Maresch.