"Wir feiern diese Heilige Nacht am Ende eines Jahres, das uns - ehrlich gesagt - viel zugemutet hat: Ein Krieg mitten in Europa, viel Unsicherheit im Blick auf die Corona-Pandemie, Wetterphänomene, die uns den Klimawandel deutlich spüren lassen, ein Gasmangel, der uns alle betrifft und steigende Preise, die viele Menschen mit großer Sorge erfüllen. Aber heute Abend, an diesem Heiligen Abend leuchtet Hoffnung auf", beginnt der Altsimmeringer Pfarrer seine Weihnachtspredigt. Diese Nacht sei eine Ermutigung, um zuversichtlich, mit Gottes Hilfe, in die Zukunft zu gehen. Gott selbst sei es, der sich in diesem Kind in der Krippe an unserer Seite stelle und der mit diesem Kind zeige, wie die Welt hell werden und sich verändern könne, betont Pfarrer Maresch.
"Wir feiern heute Weihnachten in einer Welt, die in manchem sehr fragil erscheint, in einer Welt in der sich viele Sorgen um die Zukunft machen oder gar vor der Zukunft Angst haben. Die Sorge um unsere Zukunft ist für viele ein berechtigtes großes Anliegen geworden. Nun aber wollen wir einen Blick in die Krippe werfen, uns an die Worte des Evangeliums erinnern. Eine schöne idyllische Geschichte, aber war Weihnachten damals wirklich so schön und romantisch, wie es heute gerne in der Werbung, in Filmen, in die Kaufhäusern dargestellt wird? Ich kann mir nicht vorstellen, dass das besonders romantisch ist, ein Neugeborenes in eine dreckige Futterkrippe zu legen und nach der Geburt gleich flüchten zu müssen in ein fremdes unbekanntes Land, ohne viel Geld. Also Maria und Josef werden das nicht so romantisch empfunden haben wie viele von uns die heute Abend unter dem Christbaum gestanden sind und Stille Nacht freudig gesungen haben, und den Duft vom Schweinebraten in der Nase gehabt haben", so Pfarrer Maresch.
Aber im Evangelium sei deutlich zu hören: Mit diesem kleinen Kind in der Krippe setze Gott auf die Zukunft, in dieses neugeborene Kind lege er alle Hoffnung. "Durch den Neugeborenen in Betlehem wird Gott selber die Welt verändern und erlösen", sagt Pfarrer Maresch. "Jedes neugeborene Kind in unserer Welt ist auch so ein Hoffnungszeichen für die gesamte Menschheit. Die Menschen werden nicht so einfach in die Welt hineingeworfen, sondern gezeugt von einem Vater und einer Mutter - geboren von einer Mutter und damit von Anfang an bezogen auf andere Menschen angewiesen auf Zuwendung Fürsorge und Nahrung. Als geborener Mensch sind wir abhängig und zugleich frei Anfänge zu setzen und überraschend auch Neues ins Spiel zu bringen. 'Dass man in der Welt Vertrauen haben und, dass man für die Welt hoffen darf, ist vielleicht nirgends knapper und schöner ausgedrückt als in den Worten, die wir zu Weihnachten in der Liturgie hören. Worte, die die frohe Botschaft der Heiligen Nacht verkünden: Uns ist ein Kind geboren', so sagt es die jüdische Philosophin und Agnostikerin Hannah Arendt.
Uns ist ein Kind geboren, das haben wir heute schon öfter gehört, und jedes neue Kind erinnert uns an das Kind in der Krippe, in dem Gott einen neuen Anfang mit uns Menschen gemacht und uns eine nicht mehr zu zerstörende Hoffnung geschenkt hat", so Pfarrer Maresch in seiner Predigt in der Mitternachtsmette in der Pfarrkirche St. Laurenz.
Am Christtag feiert Pfarrer Christian Maresch traditionellerweise mit der Gemeinde in der Filialkirche St. Josef auf der Haide.
Das Evangelium des Christtages sei ein schwieriger Text im Johannesevangelium, der dazu noch kompliziert geschrieben ist. "Wort? Was ist das? Nicht das einfach gedruckte Wort, das aus Buchstaben besteht. Nein es geht um das ewige Wort Gottes, das von jeher alles umfasst und in sich schließt. Aber was bedeutet dieses Wort Gottes für unser Leben? Darüber haben die Christ:innen aller Konfessionen schon immer nachgedacht, dabei konnten sie es aber nur ahnungsvoll beschreiben. Ein sehr bekannter und berühmter Christ, ein Schriftsteller, Johann Wolfgang von Goethe, hat dies auch versucht in seiner berühmtesten Bühnenfigur Doktor Faustus. Da heißt es bei ihm:
Geschrieben steht: ›Im Anfang war das Wort!‹'
Hier stock' ich schon! Wer hilft mir weiter fort?
Ich kann das Wort so hoch unmöglich schätzen,
Ich muss es anders übersetzen,
Wenn ich vom Geiste recht erleuchtet bin.
Geschrieben steht: Im Anfang war der Sinn.
Ja, Gothe setzt das Wort das ewige Wort Gottes auch mit dem Lebenssinn gleich. Heute ist das eine gute Frage: Was ist der Sinn unseres Lebens? Familie gründen, Kinder großziehen, schönes Haus bauen, tolles Auto fahren - ist das der Sinn des Lebens? Hat nicht Gott den Sinn in unser Leben gelegt? - Das fragen wir uns dann als Christ:innen. Ist denn nicht dieses Wort Gottes, dieses schöpferische Wort, das Gott am Anfang zu uns spricht, wie es im Evangelium heißt, das zu Weihnachten verkündet wird, der Sinn unseres Lebens", fragt Pfarrer Maresch.
Im großen Schöpfungslied in der Bibel, im Alten Testament, lese man, wie Gott alles durch das Wort schafft – immer wieder heiße es da: Gott sprach und sogleich geschah es. Und wenn uns zu Weihnachten wieder von diesem Wort erzählt werde, dann heiße das nicht weniger, als dass die ganze Welt, vor allem aber der Mensch, neu geschaffen werde. "Weihnachten ist nichts anderes, als eine neue Schöpfung. Das göttliche Wort hat zu Weihnachten selbst menschlichen Leib angenommen und dadurch alles Menschliche zur Würde des Göttlichen erhoben. Das ist die neue Schöpfung und an jedem Weihnachten will Gott auch uns neu schaffen, als Menschen, die im Glanz seiner Herrlichkeit leben. Feiern wir nun in diesem Sinne diesen Weihnachtsgottesdienst", so Pfarrer Maresch in seiner Weihnachtspredigt am Christtag.