"Eigentlich ist diese Konstitution nur die Hälfte, denn zum ganzen Verständnis des Kirchenbildes des Zweiten Vatikanischen Konzils gehört auch die so genannte dogmatische Konstitution 'Lumen Gentium' dazu", erklärte Valentino Hribernig-Körber den etwa 45 versammelten Simmeringerinnen und Simmeringern.
Gleich zu Beginn wies der Theologe seine Zuhörer auf eine Besonderheit bei diesem Dokument hin: "Darin zeigt sicher auch die Diskussionen rund um diese Konstitution, denn der Titel hat eine Fußnote erhalten, in der erklärt wird, dass die 'Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute zwar aus zwei Teilen besteht, jedoch ein Ganzes bildet.'", so Hribernig-Körber. Und noch mehr, es werde ausdrücklich betont, dass "weder im ersten Teil die pastorale Zielsetzung noch im zweiten Teil die lehrhafte Zielsetzung" fehle, so der Theologe.
Und die Konzilsväter erklären in dieser ersten Anmerkung zum Text, dass "pastoral" nicht abseits der Lehre der Kirche sei: "Sie wird 'pastoral' genannt, weil sie, gestützt auf Prinzipien der Lehre, das Verhältnis der Kirche zur Welt und zu den Menschen von heute darzustellen beabsichtigt." DIeser Zugang sei neu gewesen und scheinbar wichtig zum gesamten Verständnisses des Konzils, betonte Hribernig-Körber.
Was es für die Konzilsväter geheißen habe, sich mit den Themen der Kirchen und der Welt auseinander zu setzen, das skizzierte er auf einem Blatt Papier. Das Kirchenbild vor dem Konzil, am Ende des 19. Jahrhunderts war es, eine perfekte Gesellschaft zu sein, eine "societas perfecta", die sich von der Welt abschottete, sozusagen eine gut befestigte Burg, die für die Welt uneinnehmbar schien. "Und plötzlich änderte sich dieses Bild, denn die Kirche wurde mitten in der Welt gesehen. Das war wichtig, um sich mit dem Thema des Konzils auseinander zu setzen: "Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Und es gibt nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall fände", so lautet der Beginn der Konstitution "Gaudium et Spes".
Der programmatischen Einleitung folgt gleich der Adressatenkreis, wen das Konzil ansprechen will, "denn nicht nur die Katholiken sind angesprochen worden, sondern wie es im Text heißt: 'das Zweite Vatikanische Konzil wendet sich ohne Zaudern nicht mehr bloß an die Kinder der Kirche und an alle, die Christi Namen anrufen, sondern an alle Menschen schlechthin in der Absicht, allen darzulegen, wie es Gegenwart und Wirken der Kirche in der Welt von heute versteht.' Das war neu und ungewohnt, das brachte viele Diskussionen und wohl auch Kontroversen, die es bis zum Ende des Konzils zu klären galt", so Hribernig-Körber.
Ein Überblick über die verschiedenen Kapitel rundete den Vortrag ab und brachte einen Einblick in das Dokument, das vor fast 50 Jahren von den Konzilsvätern beschlossen wurde und das die Kirche weitreichend veränderte.
Der letzte Vortrag zu diesem Themenkreis findet am 9. Jänner 2014 in Altsimmering statt. Thema ist das Ökumenismusdekret: "Ökumenische Spurensuche". Als Referent kommt der Wiener Diakon Max Angermann.