Es ist kalt am Sonntagmorgen des 30. April 2017, als sich aus allen Himmelsrichtungen Menschen bei der Pfarrkirche St. Laurenz auf dem Kirchenberg in Simmering treffen. Pfarrer Christian Maresch steht auf dem Kirchenplatz und begrüßt alle, ob ausgeschlafen oder noch ein wenig müde. "Schön, dass ihr alle da seid, kommt herein in die Kirche, wir wollen mit einem Gebet und dem Segen beginnen", lädt er die etwa 40 Wallfahrerinnen und Pilger ein. In der Kirche brennt die Osterkerze und die Altarkerzen, sonst ist kein Licht gemacht. In Wanderkleidung steht der Priester vorne und segnet die Wallfahrer, die aus unterschiedlichen Gründen aufbrechen: aus Dankbarkeit, aus Not, aus Freude oder einfach aus dem Gedanken des gemeinsamen Pilgerns. Glaube entsteht oft im Gehen, das wissen in Altsimmering viele, denn pilgern ist in der Pfarre hoch angeschrieben.
Nach dem Segen geht es los über den Simmeringer Platz, vorbei an der rumänischen Andreaskirche, wo ein Kirchenbesucher das Kreuzzeichen macht, als die Pilgergruppe mit dem Pilgerkreuz vorbeigeht und alle Wallfahrer freundlich grüßt.
Leise Gespräche beginnen zwischen den Pilgern, denn Wallfahren ist auch eine Möglichkeit ins Gespräch zu kommen über Gott und die Welt, das ist auch dem Simmeringer Pfarrer wichtig und er ist immer wieder mit anderen im Gespräch zu finden.
Langsam lässt die Pilgergruppe die Häuser hinter sich und auf den Feldern tummeln sich passend zu Ostern einige Feldhasen in der Sonne. Ein kurzer Halt bietet Pilgern, die dazu stoßen, die Möglichkeit der Begrüßung und mit einem kurzen Morgenlob sammelt der Pfarrer die Gedanken der Pilger ein. Und weiter geht es, unterbrochen von hellem Kinderlachen, angeregten Gesprächen und immer wieder einige Gedanken aus dem Buch "Mit Maria auf dem Weg" und einem Gebet. Langsam erwärmt die Sonne die Luft und die eine oder andere Jacke wird im Rucksack verstaut. Es ist Pause angesagt, zur kurzen Rast und zum Verschnaufen für den Körper.
Der Weg ist durch eine kleine Überschwemmung an der Bahnunterführung versperrt, aber schnell ist mit vorhandenen Steinen eine Brücke gebaut und die Pilger setzen mit einem Gebet und einem Lied ihren Weg fort. "Der Auferstehungsglaube ist nicht einfach Vertröstung, nein die Auferstehung reicht schon in unser Leben hinein", sagt Pfarrer Christian Maresch später bei der Predigt in Maria Lanzendorf. Diese Auferstehung ist spürbar auf dem Weg, denn überall grünt und blüht es an diesem sonnigen Sonntagvormittag, als die Pilgerschar zwischen den Rapsfeldern hindurchwandert, das Ziel, die Kirchtürme der Wallfahrtskirche schon vor Augen.
"Die Botschaft hör ich wohl, allein es fehlt der Glaube", den bekannten Satz aus J.W.v.Goethes Faust zitiert Pfarrer Maresch bei der Messe, die die Altsimmeringer Wallfahrer gemeinsam mit der Pfarre Maria Lanzendorf und Pilgern aus Brunn am Gebirge feiern. Viele Köpfe heben sich nach oben, die Aussage trifft wohl viele. Dieser Satz drückt aus, was zu allen Zeiten sicht- und spürbar sei, die Schwierigkeit mit dem Glauben an die Auferstehung. "Kann denn ein Toter zum Leben auferstehen? Im Evangelium von den beiden Emmausjüngern zeigt sich dieser Zweifel ganz besonders deutlich. Die Jünger waren da nicht viel besser als die heutige Internetgeneration. Der Zweifel gehört seit Anfang an zur Botschaft von Ostern dazu", so Pfarrer Maresch in seiner Predigt realistisch.
Jesus selbst ist den Jüngern nahe, die nach Emmaus gehen, denn scheinbar kann nur er den Glauben schenken. "Die Botschaft hör ich wohl! So hat es bei Goethe geheißen, es ist die Botschaft von der Auferstehung. Wohl dem, dem der Glaube nicht fehlt und der die Botschaft als wahre Antwort auf sein Leben annehmen kann", schließt der Simmeringer Pfarrer seine Predigt.
Es ist still in der Kirche, die Worte sind verklungen und klingen noch in den Ohren und wohl auch in den Herzen der Menschen nach.
Nach dem Gottesdienst herrscht Fröhlichkeit, es ist schließlich Mittag. Nach dem Mittagessen versammeln sich die Simmeringer Pilger noch einmal in der Wallfahrtskirche in Maria Lanzendorf. Der Abschlusssegen, diesmal mit Kaplan Rafal Auguscik, steht an. Immer noch hängen die Rauchschwaden des Weihrauches von der Messe in der Kirche und mit dem Geruch klingt auch der Satz aus Goethes Faust in den Ohren wieder an. Vielleicht kann die Gottsmutter helfen, denn so heißt es in einem alten Wallfahrerlied, dass sich die Menschen in Nöten zu ihr flüchten. Wie sagte Pfarrer Maresch in seiner Predigt? "Jesus führt die Jünger in ihr alltägliches Leben zurück und bestärkt sie, dieses Leben noch einmal neu und bewusst zu ergreifen. Dann wird die Dunkelheit im Leben hell und aus der Leere wird Fülle!" Manch Gesicht hellt sich auf in der Kirche, spätestens beim Verlassen des Gotteshauses. Fröhliches Geplauder setzt beim Gruppenfoto vor der Kirche ein. Die Wallfahrt ist am Ziel, oder am Anfang, denn manch neuer Sinn in den Alltag hinein wurde heute hier gefunden.