"Ja wir feiern heute den Geburtstag unserer Kirche. Es ist ein Freudenfest, auch deshalb weil wir wieder ein Stück Freiheit in der Liturgie zurück bekommen haben, seit Pfingsten 2021 dürfen wir nach vielen Monaten wieder - wenn auch nur beschränkt - im Gottesdienst singen", so der Altsimmeringer Pfarrer in seiner Predigt in St. Josef auf der Haide. Gemeinsam feierte Christian Maresch, der auch geistlicher Leiter des Mariazeller Prozessionsvereins in Simmering ist, den 135. Geburtstag des Vereins mit einigen Mitgliedern, allen voran Obmann Johann Kasehs.
In seiner Predigt ging Pfarrer Maresch aber auf die derzeit vorherrschenden Krisenthemen in Kirche und Gesellschaft ein. Es sei eine Zeit der Krise, in der die Menschen derzeit leben, aber nicht alleine die Gesundheitskrise belaste, sondern auch die Krise in der Politik sei schmerzlich, denn "Achtung, Respekt vor dem anderen, keine Vorverurteilungen, das offene Zugehen aufeinander, dem anderen zuhören, all das vermisse ich derzeit schmerzlich in der Politik in Österreich, das alles scheint es im politischen Leben nicht mehr zu geben", so der Pfarrer.
Zu Pfingsten gehe es aber um die kirchliche Gemeinschaft, "die vor 2000 Jahren mit dieser kleinen Gebetsrunde zu Pfingsten begonnen hat. Jünger und Jüngerinnen Jesu, Maria , viele Frauen die Jesu immer wieder unterstützt haben - diese werden gerne von gewissen Kreisen in der Kirche vergessen - sie alle waren nach dem Tod Jesu in einer existenziellen Krise. Sie haben sich zu Pfingsten zu einem Gebetskreis versammelt, unsicher, voller Angst, orientierungslos. Und gerade in dieser Krise erfüllte sich nun die Zusage Jesu: Er hat ihnen die Kraft Gottes, den heiligen Geist versprochen", predigt Pfarrer Maresch. Dieser Geist habe die Frauen und Männer erfüllt und so bestärkt, haben diese sich aufgemacht das Evangelium in der ganzen Welt zu verkünden mit Worten und Taten. "So ist aus diesem kleinen Gebetskreis damals unsere heutige Weltkirche geworden. Das alleine konnte letztlich nur auf das Wirken dieses Geistes zurückgehen", zeigt sich Christian Maresch überzeugt.
Heute leben die Menschen in einer gesundheitlichen und einer politischen und wirtschaftlichen Krise, und "wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass es in unserer Kirche so eine Krise gibt. So viele Menschen sind enttäuscht von der Kirche und treten aus unserer Gemeinschaft aus. Das kann, das darf uns nicht egal sein. Es braucht gerade heute in dieser schwierigen Zeit eine Kirche, die den Menschen Wärme und Herzensgüte vermitteln kann", lässt Pfarrer Maresch in seiner Predigt aufhorchen. Menschen scheinen die Kirche als scheinheilige und erstarrt, ja als ein Relikt aus der Vergangenheit zu empfinden, "dabei haben wir jeden Sonntag etwas großartiges zu verkünden: Die frohe Botschaft, dass Gott, dass Jesus für alle Menschen da ist. Und das ohne Ausnahme, darüber brauchen wir gar nicht zu diskutieren. Jesus ist für alle da!", so der Pfarrer an seine Gemeinde gerichtet.
Jesus habe sich besonders um die Menschen am Rande der Gesellschaft gekümmert. Kranke, Trauernde, arme Menschen, die sich schwer tun im Leben, Sterbende, Alleinerziehende. "Auch um Menschen, die sich nicht an die strengen Kirchengesetze halten, die eine andere Lebensplanung haben, als es ihnen gewisse Herren im Vatikan vorschreiben. Menschen, die im Leben gescheitert sind", so der Pfarrer in Altsimmering kritisch. Aber, so betont er weiter in seiner Predigt, es gehe dabei nicht darum, dem Zeitgeist blind zu folgen: "Gerade gesellschaftliche Entwicklungen sollten von uns ChristInnen immer sehr kritisch betrachtet werden. Der Apostel Paulus sagt immer wieder, dass wir alle begabt und beauftragt sind, weil wir alle in dem einen Geist getauft sind. Gemeinsam sind wir alle für unsere Kirche verantwortlich. Nicht nur der Papst und die Bischöfe, nicht nur die Herren im Vatikan, nicht nur die Priester und PastoralassistentInnen. Wir alle sind für die Kirche verantwortlich und doch unterschiedlich nach unserer Gabe und nach unserer Position", wendet sich Pfarrer Maresch deutlich an seine Gemeinde. Und der Altsimmeringer Pfarrer schließt mit einem klaren Aufruf: "Wer eine Gabe hat, soll sie für alle nützen!"