Bei der Erinnerungsstätte an die abscheulichen Verbrechen der sogenannten Reichspogromnacht 1938 an der Ecke Braunhubergasse/Hugogasse nahmen die Bezirksvorstehung, Vertreter verschiedener Religionsgemeinschaften und etwa 80 Besucher an einer Gedenkstunde teil.
Die römisch-katholische Kirche war durch Dechant Christian Maresch vertreten. Er erinnerte in seiner Ansprache an den Berliner Dompfarrer Bernhard Lichtenberg, der inmitten eines vielfachen kirchlichen Schweigens im November 1938 offen „für die Verfolgten gleich welchen Glaubens“ eingetreten ist.
Zum Abschluss des Gedenkens wurde von Rivka Lerner von der Israelitischen Kultusgemeinde ein Gebet für die Opfer der Shoa in Deutsch gesprochen und auf Hebräisch gesungen.
Eine Zusammenfassung der Reden finden Sie hier auf meinbezirk.at.
Sehr geehrter Herr Bezirksvorstehter!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Liebe Gäste!
Als Dechant von Simmering - als Vertreter der katholischen Kirche - ist es für mich eine sehr große Freude, dass diese heutige Gedenkveranstaltung an diesem besonderen Ort in unserem Bezirk zustande gekommen ist! Es ist doch für uns alle ein großes Anliegen, dass so etwas wie damals nie wieder geschieht. Besonders schätze ich, dass heute hier viele Konfessionen und Religionen aus unserer Gesellschaft- neben der Bezirksvorstehung - vertreten sind.
Toleranz – Respekt voreinander und ein Aufeinander Zugehen – das alles sind ganz wichtige Grundelemente des christlichen Glaubens. Unverzichtbar für jeden Christen, jede Christin.
Letztes Wochenende hatte ich mit meinem Pfarrgemeinderat der Pfarre Altsimmering Klausur und gleich an den Anfang dieser Klausur habe ich die Biographie eines ganz besonderen Menschen gestellt, der sehr gut zum heutigen Gedenken passt, der auch diese von mir zuvor erwähnten christlichen Werte bis zu seinem Tod gelebt und verteidigt hat. Ich spreche hier von Bernhard Lichtenberg, der katholische Dompfarrer von Berlin. Nach der Pogromnacht im November 1938 betete er öffentlich in der Berliner Kathedrale "Für die Verfolgten gleich welchen Glaubens“, dabei sagte er ganz offen: "Draußen brennt der Tempel – das ist auch ein Gotteshaus". Für sein mutiges Eintreten für die verfolgten Jüdinnen und Juden wurde er dann von den Nationalsozialisten wegen sogenanntem Kanzelmissbrauch zu zwei Jahren Kerker verurteilt. Danach sollte er ins Konzentrationslager Dachau transportiert werden, doch auf dem Weg dorthin verstarb er. Ein mutiges Lebenszeugnis dieses katholischen Priesters, von dem man heute nicht genug oft erzählen kann.
Wir alle sind Geschöpfe des einen Gottes, das ist unser Glaube, unsere Hoffnung und unsere Liebe. Und gerade das Judentum - so sage ich es hier offen - ist die Wurzel meines/unseres christlichen Glaubens, das dürfen wir nie vergessen.
In diesem Sinne danke für Ihre Aufmerksamkeit
Gott segne sie alle!