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"Herr es ist deine Kirche - ich gehe jetzt ins Bett"
© Georg Radlmair

Mit den Worten die Papst Johannes XXIII. zugeschrieben werden, beendete Pfarrer Christian Maresch die zweite Predigt über das Thema Kirche, in der er sich kritisch mit Kirche heute auseinandersetzte. Wie muss Kirche heute sein? Schräg und ein wenig verrückt? - regt der Pfarrer die Gemeinde zum Nachdenken an.

Es war die zweite Predigt zum großen Thema "Kirche" im Jahr 2022 von Pfarrer Christian Maresch in der Filialkirche St. Josef auf der Haide. Mit dem Johannes XXIII. zugeschriebenen Gebet beendete er diese kritische Ansprache an seine Gemeinde: "Herr es ist deine Kirche - ich gehe jetzt ins Bett - gute Nacht." Jeden Tag vor dem Schlafengehen habe der Papst seine Sorgen um die Kirche mit den Worten los gelassen.

Begonnen hatte der Pfarrer seine Ansprache mit einem Satz vom ehemaligen österreichischen Bundeskanzler Bruno Kreisky, der einem Journalisten von laufenden Kameras gesagt hatte: "Lernens Geschichte!"

Aus der Geschichte könne man vieles lernen für das gegenwärtige Leben, positiv wie auch negativ: "Leider sind heute viele Menschen überheblich und arrogant. Sie lernen nicht aus der Geschichte sondern verurteilen und beurteilen die Geschichte mit dem heutigen Wissen." Pfarrer Maresch lenkte den historischen Blick seiner Gemeinde ins Jahr 1494, zwei Jahre nach der Landung von Christoph Columbus in Amerika, als Spanien und Portugal beschließen die Welt neu unter sich aufzuteilen. Östliche Gebiete mit Afrika und Brasilien an Portugal und die westlichen Gebiete an Spanien. Und das alles sollte mit dem heiligen Segen des Papstes geschehen. "Die Folge war ein großer Völkermord an den indigenen Menschen in Südamerika. Die gewaltsame Christianisierung dieser Menschen hat viel Leid über Südamerika gebracht. Der Ausdruck auf dem heutigen Evangelium 'Menschenfischer' wurde dabei leider völlig missverstanden.

Jesu Botschaft als Einladung zum Glauben

Jesus meint mit diesem Wort des Menschenfischers eigentlich genau das Gegenteil. Seine Botschaft ist eine Einladung zum Glauben, eine Einladung, die in Freiheit angenommen werden kann, oder nicht - das ist das was Jesus wollte. Er wusste genau, dass man die Menschen nicht einfach wie Fische fangen kann und sie dann einsperrt. Zwang kann nie so einem echten tiefen Glauben führen." Leider sei die Kirche in den vielen Jahrhunderten immer wieder diesem Irrtum verfallen.

"Heute fühlen sich viele MitarbeiterInnen in den Pfarren und in kirchlichen Einrichtungen so wie Simon im Evangelium. Sie sind müde und frustriert, sitzen am Ufer und flicken ihre Netze mit denen sie letztlich keine Erfolge mehr haben", so der Altsimmeringer Pfarrer. Immer mehr Menschen würden sich von der Kirche abwenden, Kinder immer seltener getauft und auch Familien erfahren einen Abriss der Glaubensweitergabe. "Eltern und Großeltern fragen sich, was sie falsch gemacht haben, dass die Kinder und Enkelkinder keinerlei Bezug mehr zur Kirche haben und auch der christliche Glaube in ihrem Leben keine Rolle mehr spielt, spricht der Priester vielen der älteren MessbesucherInnen aus der Seele.

Kirche heute - schräg und verrückt?

"Aber wir leben in neuen Zeiten. Die Zeit von Zwangsbekehrungen und Druckausübung ist vorbei. Auf alle Institutionen, die Wahrheit oder Lebensweise vorschreiben wollen, reagiert unsere Gesellschaft heute allergisch. Heute braucht die Kirche zur Verkündigung des Evangeliums Menschen, die breit sind auch Neues und Ungewohntes auszuprobieren. Menschen, die Dinge tun, die auf den ersten Blick vielleicht verrückt erscheinen", sagte Christian Maresch: "Aber fragen wir uns: Was trauen wir uns und einander zu? Wie gehen wir mit Leuten um, die mit schrägen und verrückten Ideen zu uns in die Pfarre kommen? Was wird wohl aus unserer Kirche werden, wenn uns gerade die kreativen jungen Leute davonlaufen?", gibt er den Menschen Fragen zum Nachdenken mit.

"Vertrauen in unseren Glauben"

Viele Diözesen würden glauben, durch moderne Konzepte aus dem Wirtschaftsbereich die Menschen wieder in die Kirche bringen zu können, das halte er für Schwachsinn", so der Pfarrer deutlich. "Schauen wir auf das Evangelium, auf diesen Simon, was er tut: Es ist nicht seine Leistung, dass er letztlich so vielen Fische im Netz hat. Er hat sich, sein Boot und seine Arbeit zur Verfügung gestellt und letztlich auf Jesus vertraut." Wie letztlich das Wort Johannes XXIII., das uns mehr Gelassenheit geben könnte: "Herr es ist deine Kirche - ich gehe jetzt ins Bett - gute Nacht""





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