Christen unterschiedlicher Konfessionen folgten der Einladung in die katholische Pfarrkirche St. Laurenz, zum gemeinsamen Gebet anlässlich der Weltgebetswoche um Einheit der Christen am Donnerstag, 23. Jänner 2025. Gemeinsam hatte Pfarrer Christian Maresch mit der evangelischen Pfarrerin Anna Kampl, dem rumänisch-orthodoxen Bischofsvikar Nicolae Dura und der altkatholischen Vikarin Dorothee Hahn den Gebetsgottesdienst vorbereitet. Im Zentrum stand die biblische Geschichte der Auferweckung des Lazarus und das Glaubensbekenntnis.
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Die Verkündigung hatte Bischofsvikar Nicolae Dura übernommen und so erklang es in der für die orthodoxe Liturgie typischen gesungenen Version. Anna Kampl hat die Predigt übernommen, in der sie die Frage aus dem Evangelium in den Mittelpunkt stellte: "Glaubst du das? Das ist auch die zentrale Frage unseres Gottesdienstes. Vor 1.700 Jahren fand in Nizäa in der heutigen Türkei das erste ökumenische Konzil der Welt statt, das als Schlüsselmoment in der Geschichte des christlichen Glaubens gilt", so die Pfarrerin.
Ökumene brauche lebendigen Glauben, dabei sei Glaube keine Ansammlung von lnformationen über Gott. "Die Glaubensfrage muss immer wieder neu verhandelt werden. Das zeigt auch das Beispiel des Konzils, damals wurde in Nizäa gemeinsam um den Glauben gerungen. Das Konzil von Nizäa 325 hat den Grundstein für das sogenannte Große Glaubensbekenntnis, das Nicäno-Konstantinopolitanum, gelegt, das beim Konzil von Konstantinopel im Jahr 381 seine heute immer noch viel verwendete Form erhielt und das wir trotz der unterschiedlichen Konfessionszugehörigkeit gemeinsam beten und bekennen können", betont Anna Kampl.
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Sie stellt auch die Frage nach dem Glauben in der Welt von heute, in der so viel Frust und Wut herrscht, "vor allem wenn wir die Nachrichten schauen. Und es gibt überall Stimmen, die vermitteln: Heutzutage kann niemandem mehr vertrauen. Und dann gibt es noch die, die mit unseren Ängsten und Sorgen spielen und das Blaue vom Himmel versprechen, weil sie Macht gewinnen wollen auf Kosten anderer, die verlieren werden: Geflüchtete, Migranten:innen, Armutsbetroffene, Menschen mit Behinderungen, chronisch Kranke sowie Menschen in den Ländern des globalen Südens."
Für die evangelische Pfarrerin von Simmering stellt sich eine große Frage nach dem Glauben heute. Und sie verweist auf das Beilspiel der gehörten Geschichte aus dem Evangelium und stellt Martha, die Schwester des Lazarus ins Zentrum und ihre Enttäuschung, ihr Misstrauen, ja ihre Verzweiflung: "Ich sehe sie, die verzweifelte, enttäuschte Martha. Aber zugleich auch die starke Frau, klug und theologisch gebildet, realistisch und pragmatisch. Liebe Schwestern und Brüder, ich kenne dieses Gefühl auch aus meinem Leben. Ich bin mir sicher, dass es uns allen hin und wieder so geht. Wir haben auch unsere klugen Antworten und Bereitschaft uns zu fügen und anzupassen. Was bleibt uns auch über in diesen düsteren Zeiten. Doch da ist die Geschichte von Martha noch nicht zu Ende. So könnte es gewesen sein: Jesus stand da und schaute sie lange an und dann sagte er: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben. Glaubst du das?", zitiert Anna Kampl nochmals das gehörte Evangelium. Und: "Dieser Satz hilft. Er öffnet ihr die Augen, gibt ihr eine andere Perspektive. Da kommt die existenzielle und persönliche Auseinandersetzung mit dem Glauben endlich ins Spiel. Martha muss es gar nicht hinkriegen. Das tut ein anderer für sie. Und Martha vertraut und bekennt mit dem Mut der Verzweiflung und zugleich in äußerstem Vertrauen: ,Ja, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn des lebendigen Gottes'".
Martha erlebe durch die Begegnung mit Jesus gleich wie Lazarus, der zum Leben erweckt wird, dieses "komm heraus", sagt Anna Kampl: "Komm heraus aus deiner Verzweiflung! Aus der Höhle deines Kummers! Aus deinem Eindruck, du hättest dein Leben verloren. Das hast du nicht! Vielleicht geht es uns manchmal oder sogar gerade jetzt in diesen politisch durchaus herausfordernden Zeiten, ähnlich wie Martha. Glaube ich es? Spüre ich Hoffnung? Spüre ich Leben? Spüre ich Trost? Auch wir werden ermutigt! Ermutigt unseren Glauben zum Leben zu spüren", so die evangelische Pfarrerin.